Berufung gegen Verurteilung der üblen Nachrede durch "liken" oder "teilen" eines Facebook-Beitrags

Das Bundesgericht bestätigte in einem Entscheid, dass das «Liken» oder «Teilen» eines ehrverletzenden Facebook-Beitrags den Tatbestand der Weiterverbreitung einer üblen Nachrede erfüllen könne, wenn der Beitrag dadurch einem Dritten mitgeteilt wird.Autor: M.A. HSG in Law & Economics Evelyne Hunziker
Berufung gegen Verurteilung der üblen Nachrede durch

Im Kanton Zürich wurde ein Mann der mehrfachen üblen Nachrede gemäss Art. 173 des Strafgesetzbuches (StGB) für schuldig erklärt, nachdem er an verschiedenen Anlässen und auf Facebook-Seiten ehrverletzende Aussagen zu Lasten eines Dritten gemacht hatte. Zudem hatte er mehrmals FacebookBeiträge anderer Personen mit ähnlichem Inhalt kommentiert, geteilt und mit «Gefällt mir» markiert. Gegen das Urteil ging der Verurteilte in Berufung. Das Obergericht des Kantons Zürich sprach den Beschuldigten zwar von einzelnen Anklagepunkten frei, bestätigte aber im Übrigen das Urteil des Bezirksgerichtes. Das Bundesgericht hat den Entscheid nun insoweit bestätigt, als das Drücken des «Gefällt mir» oder «Teilen»-Buttons eines ehrverletzenden Beitrags auf Facebook den Tatbestand der Weiterverbreitung erfüllen kann, wenn der Beitrag dadurch einem Dritten mitgeteilt wird.

 

Der Tatbestand der Weiterverbreitung im Rahmen einer üblen Nachrede gemäss Art. 173 Ziffer 1 Abs. 2 des Strafgesetzbuches (StGB) ist gemäss Bundesgericht dann erfüllt, wenn der ehrverletzende Vorwurf in einem Beitrag, auf den durch liken oder teilen reagiert wird, für einen Dritten sichtbar wird und von diesem wahrgenommen werden kann. Die Sichtbarkeit und Wahrnehmbarkeit des Dritten hängen gemäss Bundesgericht jedoch von den persönlichen FacebookEinstellungen der jeweiligen involvierten Nutzer sowie von deren Pflege des Newsfeeds bzw. dem Algorithmus des Netzwerkdienstes ab. Ob das Drücken des «Gefällt mir»-Buttons oder das Teilen eines Beitrages eine strafbare Weiterverbreitungshandlung darstellt, muss somit im Einzelfall beurteilt werden. Unerheblich ist, dass die Person, welche den Beitrag weiterverbreitet, die Anzeige seines Likes oder geteilten Beitrages bei der Drittperson nicht beeinflussen kann. Im vorliegenden Fall wurde durch das Drücken des «Gefällt mir» Buttons und das Teilen der ehrverletzenden Beiträge auf Facebook der Tatbestand des Weiterverbreitens erfüllt, da der ursprünglich anvisierte Abonnentenkreis der jeweiligen Beiträge durch das Teilen bzw. Liken erheblich erweitert worden ist. Konkret gelangten durch das Teilen bzw. Liken die ehrverletzenden Beiträge an Personen, welche ausserhalb des Adressatenkreises des ursprünglichen Verfassers lagen.

 

Das Bundesgericht hat die Beschwerde gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an dieses zurückgewiesen. Die Vorinstanz hat erneut zu prüfen, ob die im erwähnten Fall weiter verbreiteten Inhalte tatsächlich eine üble Nachrede darstellen – der Verurteile wurde bisher zu Unrecht nicht zum Wahrheitsbeweis zugelassen und kann nun die Wahrheit über die in Frage stehenden Vorwürfe beweisen.

 

Im Rahmen dieser Beschwerde blieb offen, ob Facebook als Medium im Sinne von Art. 28 StGB («Medienprivileg») zu qualifizieren wäre. Wäre dem so, ist ausschliesslich der Autor des fraglichen Beitrages, durch dessen Veröffentlichung in einem Medium eine strafbare Handlung begangen wurde, strafbar.

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