Mantelhandel
Was hat es mit dem sogenannten Mantelhandel auf sich?Autor: M.A. HSG in Law Samuel Noser
Für Eilige
Der Erwerb einer Mantelgesellschaft ist ein mit erheblichen Risiken behaftetes Geschäft. Gemäss Rechtsprechung und Gesetz ist der Mantelhandel nichtig, also unwirksam. Erlangt das Handelsregisteramt Kenntnis eines Mantelhandels, so verweigert es Eintragungen in diesem Zusammenhang. Die Verwertung des Mantels wird dadurch unmöglich.
Begriff
Bereits eine kurze Internetrecherche fördert zahlreiche Angebote zum Verkauf einer Mantelgesellschaft, oder im Fall einer Aktiengesellschaft eines Aktienmantels, zu Tage. Mantelgesellschaften zeichnen sich dadurch aus, dass sie tatsächlich aufgelöst, vollständig liquidiert und von den Beteiligten aufgegeben sind, nicht aber im Handelsregister gelöscht wurden. Es besteht nur noch die formelle Hülle einer Gesellschaft; der Mantel. Ihre Übertragung ist gemäss Bundesgericht nichtig.
Auf den 1.1.2025 ist Art. 684a OR in Kraft getreten, welcher die Übertragung von überschuldeten Gesellschaften ohne Geschäftstätigkeit und ohne verwertbaren Aktiven für nichtig erklärt, also von überschuldeten Mantelgesellschaften. Überschuldet ist eine Gesellschaft, wenn die Verbindlichkeiten nicht mehr durch Aktiven gedeckt sind.
Erkennen lässt sich eine Mantelgesellschaft u.a. an der Bilanz. Auf der Aktivseite findet sich kein oder höchstens noch wenig Vermögen in liquider Form. Typisch sind auch Darlehen an Aktionäre. Auf der Passivseite finden sich keine oder wenige Verbindlichkeiten und (nicht mehr gedecktes) Eigenkapital. Die Inaktivität lässt sich anhand der Erfolgsrechnung feststellen, da mangels Aktivität kaum Aufwand und Ertrag zu verbuchen ist.
(Vermeintliche) Vorteile und Risiken
Es werden regelmässig gewisse Gründe ins Feld geführt, weshalb der Kauf einer Mantelgesellschaft im Vergleich zur Neugründung einer Gesellschaft lohnend sei. Insbesondere sei der Mantelkauf schneller und auch noch günstiger, da keine Gründungskosten anfallen und auch das Mindestkapital nicht aufgebracht werden müsse. Auf den ersten Blick mag dies zutreffen. Der Kauf einer Mantelgesellschaft durch Übertragung von Aktien kann innert weniger Stunden vonstattengehen. Vergessen geht dabei aber, dass der Käufer den Mantel für seine Zwecke "aufbereiten" muss. Er wird also nach Erwerb der Aktionärsstellung eine öffentlich zu beurkundende Generalversammlung durchführen, um Firma, Sitz und Zweck anzupassen sowie den Verwaltungsrat neu bestellen. Diese Änderungen müssen dem Handelsregister angemeldet werden. Das Handelsregister prüft die Anmeldung, bevor es die Eintragung vornimmt – genau wie bei der Gründung. In dieser Hinsicht lässt sich damit kaum Zeit einsparen. Je nach Fall kann aber der Erhalt der Kapitaleinzahlungsbestätigung von der Bank bei der Gründung eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen.
Wird eine Aktiengesellschaft mit hälftiger Liberierung des Mindestkapitals gegründet, müssen 50'000.- Franken aufgebracht werden, welche der Gesellschaft vollumfänglich zur Verfügung stehen. Wird hingegen eine Mantelgesellschaft gekauft, müsse nicht so viel Kapital aufgebracht werden, so das Argument. Ein Gesellschaftsmantel könne schliesslich für ein paar Tausend bis wenige Zehntausend Franken gekauft werden. Vergessen geht dabei, dass es für den Betrieb eines Unternehmens nach Erwerb des Mantels Kapital braucht. Zudem fliesst der Kaufpreis an den Verkäufer und kann, anders als das Gründungskapital, nicht im Interesse der Gesellschaft verwendet werden. Hinzu kommt, dass beim unbesehenen Erwerb eines Aktienmantels auch allfällig an der Mantelgesellschaft haftende Altlasten miterworben werden.
Auch verspricht man sich Steuereinsparungen. Steuerrechtlich wird der Mantelhandel aber als Liquidation mit anschliessender Neugründung behandelt, weshalb die Verrechnungssteuer und die Emissionsabgabe grundsätzlich anfallen. Auch können bestehende Verlustvorträge nach dem Mantelhandel nicht mit künftigen Gewinnen verrechnet werden.
Es zeigt sich also, dass die Vorteile des Erwerbs einer Mantelgesellschaft häufig nur als solche erscheinen. Der grösste Nachteil liegt allerdings in der Nichtigkeit des Mantelhandels.
Nichtigkeit des Mantelhandels insbesondere
Schon 1938 hielt das Bundesgericht fest, dass der Kauf eines Aktienmantels nichtig ist. Per 1.1.2025 trat zudem Art. 684a OR in Kraft, der die Nichtigkeit der Übertragung von überschuldeten Mantelgesellschaften im Gesetz festschreibt. Nichtigkeit bedeutet, dass der Aktienkaufvertrag unwirksam ist. Der Käufer wird nie gültig Eigentümer der Mantelgesellschaft. Er kann die für die Firmen-, Sitz- und Zweckänderung notwendige Generalversammlung nicht gültig durchführen.
Das Handelsregister wird solche Änderungen bei Kenntnis eines Mantelhandels deshalb nicht eintragen. Hat das Handelsregister einen begründeten Verdacht auf einen Mantelhandel, kann es gemäss Art. 65a HRegV die unterzeichnete Jahresrechnung einfordern. Ein begründeter Verdacht kann vorliegen bei der Änderung von mehreren eingetragenen Tatsachen (Zweck, Sitz, Firma und Mitglieder des Verwaltungsrates). Stellt das Handelsregister aufgrund der eingereichten Unterlagen fest, dass die Gesellschaft überschuldet ist, über keine Geschäftstätigkeit und keine verwertbaren Aktiven verfügt, so verweigert es die Eintragung. Damit ist die Reaktivierung der Mantelgesellschaft unmöglich geworden.