Inkrafttreten des revidierten Stiftungsrechts per 1. Januar 2024 – was ändert sich?

Der Beitrag gibt eine Übersicht über die per 1. Januar 2024 in Kraft tretenden Gesetzesänderungen. Damit soll der Stiftungsstandort Schweiz gestärkt werden.Autor: lic. iur. HSG Christoph Peterer
Inkrafttreten des revidierten Stiftungsrechts per 1. Januar 2024 – was ändert sich?
Aktuelle Zahlen belegen, dass der Stiftungssektor in der Schweiz weiterhin wächst. Gemäss dem Schweizer Stiftungsreport 2023 waren Ende 2022 insgesamt 13’635 aktive gemeinnützige Stiftungen im Handelsregister eingetragen. Mit den per 1. Januar 2024 in Kraft tretendenden Gesetzesänderungen soll der Stiftungsstandort Schweiz weiter gestärkt und dessen Attraktivität auch zukünftig sichergestellt werden.
 
Die Revision im Überblick
 
Die aktuelle Revision des Stiftungsrechts nahm ihren Anfang mit einer parlamentarischen Initiative im Jahr 2014. Im Rahmen dieser mehrere Jahre dauernden Revision wurden nun einige Anpassungen an den bestehenden Regelungen vorgenommen. Dadurch wird insbesondere die in gewissen Bereichen voneinander abweichende Praxis der kantonalen Aufsichtsbehörden teilweise harmonisiert. Zusammengefasst wurden folgende Punkte angepasst:
 
1. Vorbehalt der Organisationsänderung
 
Neben der bisher in Art. 86a ZGB bereits vorgesehenen Möglichkeit der Änderung des Stiftungszwecks durch den Stifter kann neu in der Stiftungsurkunde auch eine Änderung der Stiftungsorganisation vorbehalten werden. Der Stifter hat damit die Möglichkeit, zu Lebzeiten alle zehn Jahre die Organisationsstruktur der Stiftung anzupassen. Dies umfasst z.B. die Anpassung des Wahlprozederes für den Stiftungsrat oder die Anpassung der Vorgaben für die Vermögensbewirtschaftung. Die neuen Bestimmungen führen damit zu mehr Flexibilität für den Stifter, welcher besser auf sich verändernde Rahmenbedingungen reagieren kann. Ziel der Revision war allerdings nicht nur die Eigeninteressen des Stifters zu stärken, sondern auch generell das bessere Funktionieren einer Stiftung zu ermöglichen.
 
2. Erleichterte Vornahme von unwesentlichen Änderungen der Stiftungsurkunde
 
Bisher waren auch für unwesentliche Änderungen der Stiftungsurkunde gemäss Art. 86b ZGB triftige sachliche Gründe vorausgesetzt, wobei auch keine Rechte von Dritten, wie z.B. diejenigen der von der Stiftung Begünstigten, beeinträchtigt sein durften. Als unwesentliche Änderungen gelten minimale Modifikationen des Zwecks oder der Organisation der Stiftung sowie rein redaktionelle Änderungen und Namensänderungen.
 
Mit der Revision wurden die Voraussetzungen dahingehend angepasst, dass neben der Nichtbeeinträchtigung der Rechte von Dritten neu lediglich sachlich gerechtfertigte Gründe ausreichend sind, damit unwesentliche Änderungen der Stiftungsurkunde vorgenommen werden können. Die Schwelle für solche Änderungen wurde damit gesenkt und der zum Teil restriktiven Auslegung der bisherigen Voraussetzungen durch die Aufsichtsorgane ein Ende gesetzt. Dadurch wird die diesbezügliche kantonal uneinheitliche Praxis harmonisiert.
Im neuen Art. 86c ZGB wurde zudem klargestellt, dass Änderungen der Stiftungsurkunde nach Art. 85 bis 86b ZGB, welche die Organisation betreffen, nicht öffentlich beurkundet werden müssen, sondern bei der zuständigen Aufsichtsbehörde beantragt werden können. Entsprechende Änderungen der Stiftungsurkunde, welche von der Aufsichtsbehörde mittels einer Änderungsverfügung gutgeheissen werden, bedürfen damit zukünftig schweizweit keiner notariellen Beurkundung mehr.
 
3. Stiftungsaufsichtsbeschwerde neu im Gesetz festgelegt
 
Das Recht auf Erhebung einer Stiftungsaufsichtsbeschwerde an die zuständige Aufsichtsbehörde gegen Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane war bisher nicht explizit im Gesetz vorgesehen, wurde aber aus Art. 84 Abs. 2 ZGB abgeleitet. Nun wird dieses Instrument in einem neuen Art. 84 Abs. 3 ZGB geregelt, wobei insbesondere der Kreis der beschwerdeberechtigten Personen eingeschränkt wurde. Zweck dieser gesetzlichen Neuerung war vorwiegend, die Möglichkeit einer sog. Popularbeschwerde auszuschliessen. Somit sind nun Personen, die nicht unmittelbar von der Stiftungstätigkeit betroffen sind, ausdrücklich von einer Beschwerdeerhebung ausgeschlossen.
 
4. Keine Klärung in Bezug auf die Honorierung von Stiftungsräten
 
Grundsätzlich wird bei steuerbefreiten Stiftungen nach wie vor eine ehrenamtliche Tätigkeit des Stiftungsrates vorausgesetzt, wobei auch in diesem Bereich eine kantonal unterschiedliche Praxis zu beobachten ist. In den parlamentarischen Beratungen fand die vorgesehene Klärung der Frage zur angemessenen Honorierung von Stiftungsräten allerdings kein Gehör. Im Sinne der Stärkung des Stiftungsstandortes Schweiz sowie zur Steigerung der Attraktivität zur Übernahme entsprechender Mandate wäre eine klare gesetzliche Grundlage zu begrüssen gewesen. Im Rahmen der aktuellen Revision wurde dieses Ziel jedoch nicht erreicht.
Unabhängig davon besteht für den Stiftungsrat seit dem 1. Januar 2023 gemäss Art. 84b ZGB die Pflicht, der Aufsichtsbehörde jährlich den Gesamtbetrag der ihm und einer allfälligen Geschäftsleitung direkt oder indirekt ausgerichteten Vergütungen bekannt zu geben.
 
Zukünftige Erleichterungen bei der Planung von Familiennachlässen?
 
Neben diversen laufenden Projekten auf kantonaler und Bundesebene, welche das Stiftungsrecht tangieren, ist insbesondere die am 15. Dezember 2022 von Ständerat Thierry Burkart (FDP) eingereichte Motion «Die Schweizer Familienstiftung stärken – Verbot der Unterhaltsstiftung aufheben» zu erwähnen. Diese Motion zielt auf die Anpassung von Art. 335 ZGB ab, welcher derzeit ein Verbot von Familienunterhaltsstiftungen enthält. Danach dürfen Familienstiftungen nicht voraussetzungslos, sondern nur in ganz bestimmten Fällen finanzielle Leistungen an Familienmitglieder ausschütten. Solche Ausschüttungen dürfen aktuell z.B. nur im Rahmen der Übernahme von Ausbildungskosten, bei Geschäftsgründungen oder zur Unterstützung in Notlagen erfolgen. Dieses Verbot soll gemäss Motion abgeschafft werden. Damit würde einem grossen Bedürfnis im Rahmen der Planung von Familiennachlässen entsprochen. Denn gegenwärtig muss aufgrund des Verbots von Unterhaltsstiftungen in der Schweiz regelmässig auf angelsächsische Trusts und insbesondere Familienstiftungen gemäss liechtensteinischem Recht zurückgegriffen werden.
 
Trotz Ablehnung der Motion durch den Bundesrat, insbesondere aufgrund der laufenden Arbeiten zur Einführung eines Schweizer Trusts, wurde diese im Ständerat der zuständigen Kommission zur Vorprüfung überwiesen. Die Ergebnisse dieser Vorprüfung sind derzeit noch nicht bekannt. Es bleibt damit nach wie vor unsicher, ob das Werkzeug der Unterhaltsstiftung im Rahmen der Planung von Familiennachlässen in Zukunft auch auf Basis des Schweizer Stiftungsrechts zur Verfügung stehen wird.

 

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