Reservationsvereinbarung beim Grundstückkauf

Was passiert mit der Reservationszahlung, wenn der Grundstückkaufvertrag doch nicht zustande kommt?Autor: Tobias Scheiwiler
Reservationsvereinbarung beim Grundstückkauf

Beim Kauf einer Liegenschaft schliessen die prospektive Käuferin (nachfolgend die Käuferin) und die prospektive Verkäuferin (nachfolgend die Verkäuferin) regelmässig eine schriftliche Reservationsvereinbarung ab. Darin verpflichtet sich die Verkäuferin, die Liegenschaft für die Käuferin zu reservieren und von einem Verkauf an andere Interessenten abzusehen. Die Käuferin verspricht im Gegenzug, das Objekt zum vereinbarten Preis zu kaufen, und leistet in der Regel eine Reservationszahlung, die ihr später an den Kaufpreis angerechnet wird.

Gelegentlich schliessen die Parteien nach Unterzeichnung der Reservationsvereinbarung den Grundstückkaufvertrag doch nicht ab, etwa weil sie sich über einzelne Vertragsbedingungen nicht einigen können. Die Verkäuferin beruft sich in der Folge häufig auf eine Bestimmung in der Reservationsvereinbarung, wonach sie einen Teil oder die gesamte Reservationszahlung als Aufwandsvergütung einbehalten darf. Die Käuferin stellt sich hingegen in der Regel auf den Standpunkt, dass es nicht sachgerecht ist, wenn die Verkäuferin einen beträchtlichen Teil oder gar den gesamten als Reservationszahlung geleisteten Betrag für ihren Aufwand geltend macht.

I. Formvorschrift für die Reservationsvereinbarung

Damit Grundstückkaufverträge gültig sind, müssen sie öffentlich beurkundet werden. Gleiches gilt für Vorverträge, die sich auf den Kauf eines Grundstücks beziehen und den Kaufpreis im Voraus festlegen. Da sich die Käuferin in der Reservationsvereinbarung zum Kauf der Liegenschaft verpflichtet und üblicherweise der zu bezahlende Preis bestimmt ist, muss die Vereinbarung zu ihrer Gültigkeit öffentlich beurkundet werden. Verletzt die Reservationsvereinbarung die gesetzlich vorgesehene Form, ist sie nichtig. Trotz der dargelegten Rechtslage werden Reservationsvereinbarungen regelmässig nur einfach schriftlich, d.h. durch handschriftliche Unterzeichnung, abgeschlossen, insbesondere um Kosten für die Beurkundung zu vermeiden. Aufgrund des Formfehlers ist die Käuferin nicht verpflichtet, den Grundstückkaufvertrag abzuschliessen, und die Verkäuferin muss ihr das Objekt nicht verkaufen.

Von der Ungültigkeit der Reservationsvereinbarung sind auch Nebenvereinbarungen betroffen, die dazu dienen, den Abschluss des Grundstückkaufvertrages herbeizuführen. Ungültig sind namentlich Konventionalstrafen, durch die der Nichtabschluss des Grundstückkaufvertrages mit einer Strafzahlung sanktioniert wird. Kritisch zu beurteilen sind daher allgemein gefasste Klauseln, nach denen die Anzahlung ganz oder teilweise bei der Verkäuferin als Aufwandsvergütung oder Umtriebsentschädigung verbleibt, wenn die Käuferin den Grundstückkaufvertrag nicht abschliesst.

Liegt eine formungültige Reservationsvereinbarung vor und ist auch die Entschädigungsklausel vom Formmangel erfasst, darf die Verkäuferin die Anzahlung nicht behalten, sondern muss sie der Käuferin nach den Bestimmungen der ungerechtfertigten Bereicherung zurückerstatten. Dies gilt in aller Regel selbst dann, wenn die Käuferin die Anzahlung in Kenntnis des Formmangels geleistet hat, da die bundesgerichtliche Rechtsprechung hohe Anforderungen an die Annahme eines Rechtsmissbrauchs stellt.

II. Formfrei gültige Entschädigungsklauseln

Nicht alle Entschädigungsklauseln werden vom Formzwang der Reservationsvereinbarung erfasst. Formfrei zulässig ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung insbesondere die Vereinbarung einer Pauschalvergütung, mit der einzig das negative Interesse der Verkäuferin entschädigt werden soll. Das negative Interesse umfasst Aufwendungen, welche die Verkäuferin im Vertrauen auf den Abschluss des Grundstückkaufvertrages getätigt hat (z.B. Planungsaufwand, Reinigungsaufwand oder Aufwand für Kostenschätzung). Mit dem Ersatz des negativen Interesses wird die Verkäuferin so gestellt, als hätte sie die Reservationsvereinbarung nie abgeschlossen. Die Verkäuferin erhält das negative Interesse indes nur ersetzt, wenn der Käuferin ein treuwidriges Verhalten vorgeworfen werden kann (sog. Haftung aus culpa in contrahendo). Der Nachweis eines treuwidrigen Verhaltens obliegt der Verkäuferin und ist in der Praxis nur schwer zu erbringen. Die Berufung auf eine solche Entschädigungsklausel dürfte für die Verkäuferin deshalb selten erfolgreich sein.

Eine rechtlich leichter umzusetzende Lösung besteht darin, dass die Entschädigung vom Abschluss des Grundstückkaufvertrages entkoppelt wird. Die Parteien können beispielsweise vorsehen, dass die Käuferin die tatsächlichen Leistungen vergütet, welche die Verkäuferin vor Abschluss des Grundstückkaufvertrages erbringt (z.B. Entschädigung für vorläufigen Vermarktungsverzicht oder Vergütung von Planungs- und Beratungsleistungen). Damit entschädigt die Käuferin die Verkäuferin für ihre Aufwendungen unabhängig davon, ob der Grundstückkaufvertrag zustande kommt oder nicht. Da es sich hierbei um eine eigenständige Kostenregelung handelt, die auch losgelöst von der Reservationsvereinbarung getroffen werden könnte, untersteht sie keiner Formvorschrift. Die Vergütung kann grundsätzlich auch als Pauschale ausgestaltet werden, die vorab von der Käuferin geleistet wird. Dabei sollte jedoch darauf geachtet werden, dass sich die Pauschale im Rahmen des tatsächlichen Aufwands bewegt und die vorgängig geleistete Vergütung nicht als Anzahlung an den Kaufpreis verstanden werden kann.

Fazit

Reservationsvereinbarungen sind häufig mangels öffentlicher Beurkundung unverbindlich. Die Ungültigkeit erstreckt sich auch auf Konventionalstrafen, mit denen die Käuferin für den Nichtabschluss des Grundstückkaufvertrages sanktioniert wird. Gestützt auf solche Entschädigungsklauseln kann die Verkäuferin die erhaltene Reservationszahlung nicht einbehalten, sondern muss diese der Käuferin zurückerstatten. Es entspricht dem praktischen Bedürfnis der Verkäuferin, dass sie während der Reservationsdauer für von der Käuferin veranlasste Aufwendungen entschädigt wird. Diesem Anliegen kann Rechnung getragen werden, indem die Parteien vereinbaren, dass die Käuferin die tatsächlichen Leistungen oder Ausfälle der Verkäuferin entschädigt, und zwar unabhängig davon, ob der Grundstückkaufvertrag abgeschlossen wird oder nicht. Um keiner Formbedürftigkeit zu unterliegen, sollte bei der Redaktion solcher Vereinbarungen namentlich darauf geachtet werden, dass sie keinen Druck zum Abschluss des Grundstückkaufvertrages erzeugen und die darin vereinbarte Entschädigung vom Grundstückpreis losgelöst ist (insbesondere keine Anrechnung an den Kaufpreis).

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