Steuervorlage 17 – ein neuer Anlauf zur Unternehmenssteuerreform?!

Autor: lic. iur. Thomas Stadelmann
Steuervorlage 17 – ein neuer Anlauf zur Unternehmenssteuerreform?!

Die Eidgenossenschaft hat der Europäischen Union (EU) am 14. Oktober 2014 zugesichert, die aus Sicht der EU sog. «schädlichen Steuerregimes» abzuschaffen, wobei sich die EU im Gegenzug verpflichtete, bereits bestehende Massnahmen einzelner EU-Mitgliedsländer gegen die Schweiz zeitgleich aufzuheben. Zur Umsetzung der gegebenen Zusicherung wurde von Bundesrat und Parlament eine Vorlage  zur «Unternehmenssteuerreform III» ausgearbeitet, über welche das Schweizer Stimmvolk anfangs 2017 abgestimmt hat. Nach der Ablehnung der Unternehmenssteuerreform III nimmt der Bundesrat nun mit der «Steuervorlage 17» einen neuen Anlauf. Die Vorlage umfasst – jedenfalls in der in die Vernehmlassung geschickten Fassung – diverse bereits bekannte Instrumente. In diesem Beitrag sollen diese Instrumente vorgestellt und gleichzeitig der unternehmerische Handlungsbedarf adressiert werden.

 

Weshalb gibt es eine Steuervorlage 17?

Am 12. Februar 2017 lehnte das Schweizer Stimmvolk die Vorlage «Unternehmenssteuerreform III» mit fast 60 Prozent Nein-Stimmen ab. Auch im Kanton St. Gallen konnten sich lediglich 41,3 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu einem Ja durchringen. Mit dem Nein war und ist das Thema jedoch nicht vom Tisch. Der internationale Druck hat nach dem Nein des Stimmvolks nicht abgenommen, weshalb der Bundesrat rasch eine neue Vorlage in die Vernehmlassung geschickt hat. Die Vernehmlassung wurde am 6. Dezember 2017 abgeschlossen. Der Bundesrat hat sich in der Folge umgehend an deren Auswertung gemacht.

 

Worum geht es konkret?

Die mit der Steuervorlage 17 verfolgten Ziele sind deckungsgleich mit den Zielen der Unternehmenssteuerreform III. Es geht um die Wiederherstellung der internationalen Akzeptanz des Schweizer Steuersystems bei gleichzeitiger Erhaltung der Standortattraktivität im internationalen Vergleich sowie die Sicherung angemessener Steuereinnahmen für Bund, Kantone und Gemeinden.

Das neue Reformpaket besteht aus einem ganzen Strauss von Einzelmassnahmen, ist jedoch modular aufgebaut und lässt den Kantonen einen gewissen Umsetzungsspielraum.

Obligatorisch ist gemäss Steuervorlage 17 die Abschaffung der kantonalen Regelungen für sog. «Statusgesellschaften», wozu etwa Holding- und Domizilgesellschaften sowie gemischte Gesellschaften gehören. Das sog. «Holdingprivileg», welches juristische Personen, die hauptsächlich Beteiligungen an anderen Unternehmen halten und selber keine Geschäftstätigkeit in der Schweiz ausüben, von der kantonalen Gewinnsteuer befreit, wird deshalb mit Umsetzung der Steuervorlage 17 Geschichte sein. Auf Bundesebene gibt es schon bis anhin keine «Statusgesellschaften».

Um die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Steuersystems trotz der Abschaffung der Steuerprivilegien für bestimmte Gesellschaften nicht zu gefährden und dennoch die für den Staat nötigen Steuereinnahmen sicherzustellen, sieht die Steuervorlage 17 diverse Massnahmen vor, von denen an dieser Stelle einzelne ausgewählte kurz skizziert werden:

 

• Einführung einer Patentbox:

Die Patentbox, die in verschiedenen europäischen Ländern bereits umgesetzt ist, bezweckt die steuerliche Begünstigung der Gewinne aus Patenten und vergleichbaren immateriellen Rechten. Ihre Einführung hat nicht nur direkte steuerliche Auswirkungen, sondern soll auch die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit befördern. Die Einführung der Patentbox soll für die Kantone obligatorisch sein. Auf Bundesebene ist sie nicht vorgesehen. Die Regierung des Kantons St. Gallen sieht in der Patentbox lediglich einen geringen Nutzen, weshalb die dafür qualifizierenden Erträge um nicht mehr als 50 Prozent ermässigt werden sollen.

 

•Erhöhung der Abzüge für Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen:

Zusätzlich zur Patentbox sollen die Kantone die Möglichkeit haben, die Forschungs- und Entwicklungskosten noch weiter zu privilegieren. Die Einführung eines solchen input-orientierten Sonderabzuges ist aber freiwillig. Auf Bundesebene ist kein zusätzlicher Abzug vorgesehen.

Die Regierung des Kantons St. Gallen denkt an einen Abzug für Forschungs- und Entwicklungskosten, der die effektiven Kosten um maximal 50 Prozent übersteigt. Der Hauptfokus soll dabei auf den Personalkosten liegen.

 

•Reduktion des ordentlichen kantonalen Gewinnsteuersatzes für alle Gesellschaften:

Die Steuervorlage 17 würde es den Kantonen erlauben, die Gewinnsteuersätze für alle Gesellschaften zu senken. Damit könnten einerseits Mehreinnahmen aufgrund des Wegfalls des Holdingprivilegs ausgeglichen und andererseits ein «Steuerschock» für Statusgesellschaften vermieden werden. Da die Umsetzung solcher Steuersenkungen im Rahmen des kantonalen Gesetzgebungsprozesses zu erfolgen hätte, ist offen, ob und in welchem Umfang die einzelnen Kantone davon Gebrauch machen würden.

Die Regierung des Kantons St. Gallen setzt auf eine Gewinnsteuersenkung von 17,4 Prozent auf rund 15,2 Prozent. Damit wird sich eine Verbesserung der Position im interkantonalen Wettbewerb allerdings nicht erreichen lassen.

 

• Erhöhung der Teilbesteuerung auf Dividenden:

Die reduzierte Besteuerung bestimmter Dividendeneinkünfte war – zwecks Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung durch die Besteuerung von Gewinnen auf Stufe Gesellschaft und zusätzlich bei deren Ausschüttung an die Anteilsinhaber – mit der Unternehmenssteuerreform II im Jahre 2008 eingeführt worden. Da diese angebliche Privilegierung von Aktionären politisch in der Folge nicht unumstritten geblieben ist, aber auch als Gegengewicht zur Senkung der Gewinnsteuersätze auf Stufe der Unternehmen, soll die Teilbesteuerung von heute 50 Prozent bzw. 60 Prozent auf 70 Prozent erhöht werden.

Im Kanton St. Gallen will die Regierung das heute geltende Halbsatzverfahren für die Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung durch das Teilbesteuerungsverfahren (Mindestbesteuerung von 70 Prozent) ersetzen.

Verzichtet hat der Bundesrat auf einzelne Massnahmen, die im Abstimmungskampf über die USR III besonders umstritten waren, vor allem auf die sog. zinsbereinigte Gewinnsteuer, welche die Gleichbehandlung von Fremd- und Eigenkapital bezweckt. Zudem soll der Bundeshaushalt mit der Steuervorlage 17 weniger stark belastet werden. Gleichzeitig sollen die Städte und Gemeinden angemessen berücksichtigt und zu erwartende Steuerausfälle durch Unternehmen und Unternehmer gegenfinanziert werden. Ob und welche Änderungen sich diesbezüglich im Rahmen der parlamentarischen Beratung noch ergeben werden, ist offen. Immerhin haben Stimmen aus dem Kanton Zürich bereits angekündigt, die zinsbereinigte Gewinnsteuer nochmals auf den Tisch zu bringen.

 

Wie sieht die Zeitachse aus?

Nach Abschluss und Auswertung der Vernehmlassung hat der Bundesrat bereits an seiner Sitzung vom 31. Januar 2018 die Eckwerte für die Botschaft zur Steuervorlage 17 beschlossen. Das Eidgenössische Finanzdepartement wurde beauftragt, bis Ende März 2018 die Botschaft auszuarbeiten. Innert gleicher Frist soll dasselbe Departement auch eine Schätzung der dynamischen Auswirkungen der Steuervorlage 17 auf Bund und Kantone erstellen.

Da der Bundesrat das Geschäft nach wie vor als sehr dringlich erachtet, hat er die Botschaft unmittelbar nach ihrer Verabschiedung am 21. März 2018 dem Parlament zugeleitet, damit die parlamentarische Beratung idealerweise bereits in der Herbstsession 2018 abgeschlossen werden kann. Falls kein Referendum ergriffen werden oder zustande kommen sollte, könnten bei diesem Zeitplan erste Massnahmen bereits anfangs 2019 in Kraft treten, der Hauptteil der Vorlage anfangs 2020.

 

Was bedeutet die Steuervorlage 17 für Unternehmen in der Schweiz?

Der Rhythmus der Steuergesetzgebung hat in den letzten Jahren – vor allem aufgrund des internationalen Drucks, aber auch wegen des immer stärkeren Steuerwettbewerbs – erheblich zugenommen. Dies erschwert die Steuerplanung natürlich erheblich. Bei der Steuervorlage 17 gilt – wie immer bei sich verändernden Rahmenbedingungen –, dass den Unternehmen ans Herz zu legen ist, sich mit der Planung verschiedener Szenarien Handlungsspielraum zu verschaffen und verschiedene Handlungsalternativen zu entwickeln. Die Vorteile aus den vorgesehenen Entlastungsmassnahmen (wie Erhöhung des Forschungs- und Entwicklungsabzuges, Einführung einer Patentbox) und Möglichkeiten aufgrund der Aufdeckung sowie privilegierten Besteuerung früher entstandener stiller Reserven sollten evaluiert und gegebenenfalls genutzt werden. Gerade das im Zuge von Nachfolgeregelungen beliebte und etablierte Institut der Akquisitionsholding muss aber einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Keinesfalls zu empfehlen ist eine rein passive Haltung und blosses Abwarten. Die Entwicklungen bieten zu viele Chancen, die genutzt werden können, aber auch zu viele Risiken, die abgewendet werden sollten.

Weitere spannende Artikel

Vertragspartner zahlt nicht - was tun?
|Betreibungs- und Konkursrecht

Vertragspartner zahlt nicht - was tun?

Obwohl die eigene Leistung erbracht wurde, bezahlt der Vertragspartner nicht. Wie kann die offene Forderung geltend gemacht und durchgesetzt werden?

Optimale Nachlassplanung bei Nachkommen mit geistiger Behinderung
|Erbrecht

Optimale Nachlassplanung bei Nachkommen mit geistiger Behinderung

Für Eltern eines Kindes mit einer geistigen Behinderung, welches dauerhaft auf fremde Hilfe angewiesen ist, stellt die Nachlassplanung eine ...

SchKG-Revision: Löschung von Betreibungen
|Betreibungs- und Konkursrecht

SchKG-Revision: Löschung von Betreibungen

Das Schweizer Rechtssystem sieht die Möglichkeit vor, dass jedermann jeden, egal über welchen Betrag, ohne Beweise und Forderungsgrund ...